SPIO und Kreativverbände appellieren an den Kulturausschuss
Berlin, 07.10.2015
Anlässlich der jüngst stattgefundenen Konsultationen zum Etat der BKM 2016 im Ausschuss für Kultur und Medien beim Deutschen Bundestag haben sich wesentliche Kreativverbände gemeinsam mit der SPIO mit einem dringenden Appell zur Stärkung des DFFF an die Abgeordneten des Bundestages gewandt. In einem vom Hauptstadtbüro der SPIO initiierten und von SPIO-Präsident Alfred Holighaus verfassten Brief formulieren die Verbände noch einmal ihre Sorge, dass im kommenden Jahr zu wenig Mittel für Filmproduktionen in Deutschland zur Verfügung stehen könnten. Hier der Wortlaut des Briefes vom 28. September 2015:
„Wenn Sie in dieser Woche über den Haushalt der BKM beraten, sollen Sie wissen, dass sich die deutsche Filmbranche ernsthaft um die Zukunft sorgt. Und Sie sollen natürlich vor allem wissen, warum das so ist.
Wir haben uns alle sehr darüber gefreut, dass sich die BKM erfolgreich um eine schnelle und praktikable Lösung des Problems bemüht hat, das entstand, weil die bewilligten und verstetigten Mittel für den DFFF im Jahr 2015 nicht ausreichten, um alle berechtigten Anträge berücksichtigen zu können.
Die BKM selbst hat auf das neue Problem hingewiesen, das aus dieser Lösung, nämlich dem Vorgriff auf die Mittel des kommenden Jahres, entstehen wird: Aus den verstetigten 50 Millionen werden entsprechend weniger.
Das schafft nicht nur ein weiteres, im Zweifel noch dramatischeres finanzielles Problem im Jahr 2016, es schafft – was schlimmer sein könnte – ein strukturelles Problem, dessen Folgen für die deutschen Filmkultur und –wirtschaft möglicherweise irreparabel sein werden:
Eine kulturpolitische Errungenschaft wie der Deutsche Filmförderfonds, der nebenbei auch noch eine leicht zu beziffernde volkswirtschaftliche Bereicherung darstellt, könnte von heute auf morgen seine Attraktivität und damit seine Effektivität verlieren, weil er seine Verlässlichkeit eingebüßt hat. Und das ausgerechnet im Folgejahr seines bislang größten Erfolges.
Das wäre ein verheerendes Signal zu dem Zeitpunkt, da die deutsche Filmkultur und –wirtschaft ihre Stärke bewiesen und allen Grund zur Freude und Zuversicht hat: Vier Oscars für einen DFFF-geförderten Film („Grand Budapest Hotel“), Studenten-Oscars für mehrere deutsche Nachwuchsregisseure, Festival- und Filmpreise sowie außergewöhnliches und anhaltendes Publikumsinteresse und weltweite Verkäufe für ein auch international bewundertes künstlerisches Wagnis wie „Victoria“, gleich zwei überdimensionale Blockbuster-Erfolge für deutsche Publikumsfilme („Honig im Kopf“, „Fack Ju Göhte 2“), Beschäftigung für die Menschen aus allen kreativen Gewerken, ein Marktanteil des deutschen Films von annähernd 30 Prozent und ein grundsätzlich gestiegenes Interesse des Publikums am Kino, dem Kultur- und Kommunikationsort, der in Deutschland immer noch die meisten Menschen anzieht und bewegt.
An all diesen Fakten und Faktoren hat der Deutsche Filmförderfonds als Erfolgsmodell deutscher Kulturpolitik einen wesentlichen Anteil. Den sollte er behalten. Dazu bedarf es – mit Verlaub – einer vergleichsweise geringen haushaltspolitischen Beweglichkeit, die volkswirtschaftlich und kulturpolitisch gelinde gesagt gut tun würde.
Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass gerade die kreativen und künstlerischen Exzellenzen des deutschen Films die Effekte des DFFF für ihre Arbeit und ihre Arbeitsbedingungen besonders zu schätzen wissen. So sagte der international renommierte deutsche Schauspieler Sebastian Koch („Das Leben der Anderen“) unlängst bei einem Podiumsgespräch über die Zukunft der Filmförderung in Deutschland, dass sich durch die gestiegene Attraktivität des Filmstandortes Deutschland auch das Bild des Landes und seiner Künstler international verändert habe: „Wir Schauspieler werden nicht mehr nur als blonde und blauäugige Nazis besetzt.“
Bei gleicher Gelegenheit betonte auch Iris Berben als Präsidentin der Deutschen Filmakademie die Dringlichkeit und mögliche Lösbarkeit des oben beschriebenen Problems, indem sie in ihren Grußwort sagte: „Das gibt mir in Anwesenheit von Mitgliedern des Deutschen Bundestags die Gelegenheit, dafür zu werben, konkret und konstruktiv über eine zeitnahe Erhöhung des Deutschen Filmförderfonds nachzudenken. Die kurzfristige und äußerst begrüßenswerte Entscheidung der Kulturstaatsministerin Professor Monika Grütters, den anspruchsberechtigten Produktionen der nächsten Monate Zusagen aus den Mitteln des kommenden Jahres zu garantieren, macht diese Maßnahme notwendig. So könnte ein Problem direkt gelöst werden, anstatt es zu vertagen. Zumal wir doch spätestens seit einem Jahr alle wissen, wie viel Geld die von der Filmförderung gewährte Unterstützung durch die Produktion von Filmen in die Staatskasse zurückspült, bevor sie überhaupt ausgezahlt wurde. Die Branche hat Ihnen allen damals die immer noch valide Studie über die volkswirtschaftlichen Effekte der Filmproduktion geliefert, weil sie die Unterstützung durch Filmförderungsmaßnahmen sehr zu schätzen weiß und diese gesichert haben möchte. Aber auch, weil sie sieht, dass es sich dabei um keine Einbahnstraße handelt.“
Diesen Aspekt stellte an selber Stelle auch der Filmproduzent Stefan Arndt – der unter anderem in seiner Zusammenarbeit mit dem außergewöhnlichen europäischen Regisseur Michael Haneke („Das weiße Band“ – DFFF-gefördert – und „Liebe“) insgesamt zehn Deutsche Filmpreise, sieben Europäische Filmpreise, zwei Goldene Palmen, zwei Golden Globes, einen Oscar und unzählige andere internationale Preise gewonnen hat – in den Fokus seines Plädoyers für eine großzügige Ausstattung des Deutschen Filmförderfonds.
In diesem Zusammenhang verweisen wir gerne noch einmal auf den öffentlichen Brief namhafter deutscher Filmschaffender vom 27. Oktober 2014 anlässlich der immer wieder angesprochenen Studie über die volkswirtschaftlichen Effekte der Filmproduktion in Deutschland, welcher auch Sie damals erreicht hat. Die Liste der Namen der Unterzeichner hängen wir noch einmal an. Auch um deutlich zu machen, dass dies ein ganz besonderes ein Anliegen unserer großen Filmkünstler ist, die in der angemessenen Fortschreibung des DFFF die konkrete und ganz praktische Möglichkeit erkennen, kontinuierlich und unter ihren Fähigkeiten und Ambitionen entsprechenden Bedingungen arbeiten zu können.
Das Kino ist in Deutschland auf einem guten und auf einem spannenden Weg. Das Publikum ist interessiert und neugierig. Die Filmemacherinnen und Filmemacher sind selbstbewusst, haben Ideen, Visionen und Erfolg.
Die Kulturpolitik unseres Landes hat nachweislich einen bedeutenden Anteil an dieser erfreulichen, aber nicht selbstverständlichen Situation - und darum auch eine weiter reichende Verantwortung.
Wer, wenn nicht Sie, verehrte Damen und Herren aus dem Ausschuss für Kultur und Medien, sollte sich dafür einsetzen, dass ein kulturpolitisches Erfolgsmodell (mit finanzpolitischem Mehrwert) wie der DFFF gestärkt und erhalten wird.
Aus diesem Grund kann es nicht ausreichen, die Verstetigung des DFFF auf ein Volumen von 50 Millionen € für 2015 zu bestätigen. Um die Kontinuität des Erfolges zu garantieren, muss dieses Volumen konkret erhöht werden. Daher appellieren wir dringend an Sie, sich bei den bevor stehenden Haushaltsberatungen für diese Erhöhung zu engagieren.“
SPIO - Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.
Allianz deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V.
Verband Deutscher Filmproduzenten
BFFS – Bundesverband Schauspiel e.V.
BVR – Bundesverband Regie e.V.
VDD - Verband Deutscher Drehbuchautoren
VdA – Verband der Agenturen für Film, Fernsehen & Theater