„Neue Hacker-Tools auf CD: DVD rippen und auf CD
brennen“, „So kopieren Sie jeden Film - Video-CDs in Top-Qualität, rippen auf
Knopfdruck, Tools auf CD“, „DVDs rippen und kopieren auf Knopfdruck“,
„Testsieger: S.A.D. Movie Jack 1.0 Jack rippt und brennt“ so lauten die
Schlagzahlen der Computer-Zeitschriften seit mindestens 2001. Rund 400.000
illegal erworbene Kopien von Filmen wechseln täglich weltweit über Tauschbörsen
von Rechner zu Rechner und die Internetpiraterie kostet die Filmindustrie
schätzungsweise 2,5 Mrd. Dollar pro Jahr.
Wenn sich dieser Trend
fortsetzt und verstärkt, wird die Zahl der jährlich neu erscheinenden Filme
drastisch sinken. Die Filmindustrie wird - wie jetzt bereits die Musikindustrie
- mit Umsatzeinbußen bis zu 50% wichtige Refinanzierungs- möglichkeiten einbüßen
und dann kaum in der Lage sein, in ausreichendem Maß in neue Filme zu
investieren.
Das Vervielfältigungsrecht ist das wichtigste - das
Königsrecht unter den Verwertungsrechten. Filmherstellung und Verwertung sind
ein Hochrisikogeschäft. Nur wer die (Rechts-)Sicherheit hat, die Auswertung
seiner Filme weitgehend kontrollieren zu können, ist auf Dauer in der Lage,
dieses Risiko einzugehen. Produzenten und Verwerter beanspruchen daher einen
möglichst weitgehenden Schutz ihres exklusiven Rechts auf Vervielfältigung. Sie
wollen die Kontrolle darüber behalten, wann sie wem die Vervielfältigung ihrer
Filme zu welchen Konditionen erlauben.
Dem steht das Interesse des
Verbrauchers auf freien, ungehinderten und unentgeltlichen Zugang zu
urheberrechtlich geschützten Werken entgegen. Ein Grundrecht oder ein aus dem
Grundrecht auf freie Information abgeleitetes Recht des Bürgers auf freien
Zugang zu solchen Werken besteht aber nicht. Die derzeit geltende Regelung
erlaubt es dem Verbraucher lediglich, in begrenztem Umfang in das den
Rechteinhabern zustehende Vervielfältigungsrecht einzugreifen und z.B. Filme zum
privaten Gebrauch zu kopieren. Diese Regelung wurde zu einer Zeit geschaffen,
als es ausschließlich die Möglichkeit zu analogen Kopien gab.
Während
analoge Kopien jedoch das Original in qualitativer Hinsicht nicht erreichen,
ermöglicht die digitale Technik Kopien, die mit dem Original absolut
gleichwertig sind (und zwar auch die xte Kopie einer Kopie, sog. „Klone“).
Digitale Kopien haben daher - wie die Entwicklung im Musikbereich zeigt - das
Potential, die normale Auswertung des Werks zu unterlaufen bzw. zu verdrängen.
Gerade die Filmindustrie, die durch eine Abfolge exklusiv geschützter
Verwertungsformen gekennzeichnet ist – Kino, DVD/Video, Pay-Per-View, Pay-TV –
wäre in ihrer Existenz gefährdet, wenn ein wirksamer Schutz dieser
Verwertungsfolgen nicht auch rechtlich gesichert wäre.
Es gilt daher, den
Umfang der zugunsten der Verbraucher zu normierenden Schrankenbestimmungen des
Vervielfältigungsrechts neu zu setzen.
Wir wollen dem Verbraucher nicht
die Kopie zu seinem eigenen privaten Gebrauch verbieten. Insoweit liegt es uns
auch fern, den Verbraucher zu kriminalisieren.
Wir wollen aber
sichergestellt sehen, dass das Gesetz - so wie es die EU- Richtlinie anordnet -
Ausnahmen von und Beschränkungen des Vervielfältigungsrechts nur für bestimmte
Sonderfälle vorsieht, so dass die normale Verwertung von Filmen nicht
beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen der Rechteinhaber nicht
ungebührlich verletzt werden.
Das Medium Film unterscheidet sich in
seiner Auswertung von allen anderen urheberrechtlich relevanten
Kunst-/Kulturbereichen. Der Film durchläuft in zeitlich gestaffelter Abfolge
verschiedene Auswertungsstufen (Kino, Verkauf und Verleih von bespielten
Bildträgern (Video, DVD), Pay-TV und Free-TV). Die ungestörte Auswertung in
jeder einzelnen Verwertungsstufe ist Voraussetzung, um das berechtigte
Amortisationsinteresse der Rechteinhaber zu befriedigen. Je näher sich der Film
am Beginn seiner Auswertungskaskade bewegt, desto größer sind die Erlöschancen.
Diese Besonderheiten des Mediums Film wollen wir berücksichtigt
wissen.
Wir wollen das Gefährdungspotential, das die Möglichkeit der
digitalen Kopie in sich birgt, weitgehend ausschließen. Schon jetzt wird ca. die
Hälfte der sog. Privatkopien für Dritte hergestellt und an Dritte verkauft. Das
wollen wir verhindern.
Wir wollen das hohe Schutzniveau, das das geistige
Eigentum nach unserer Rechtsordnung genießt, beibehalten und nicht zugunsten
einer Grauzone zwischen legaler Privatkopie und illegaler Raubkopie geopfert
sehen.
Die SPIO und film20 nehmen zu
der bevorstehenden Novellierung des Urheberrechtsgesetzes daher folgenden
Standpunkt ein:
1. Auch künftig soll der
Verbraucher grundsätzlich berechtigt sein, Filme - auch digital - zum eigenen
privaten Gebrauch zu vervielfältigen, wenn die Rechteinhaber hierfür einen
angemessenen Ausgleich erhalten.
2. Die erlaubte private Kopie
setzt aber voraus, dass
- sie auf der Grundlage eines rechtmäßig
hergestellten Werkexemplars oder eines rechtmäßigen Dienstes vorgenommen
wurde,
- sie von natürlichen Einzelpersonen für ihren eigenen privaten
Gebrauch angefertigt wird. Die Erlaubnis beinhaltet nicht das Recht zur
Übertragung an Dritte bzw. zur Weitergabe der Vervielfältigungsstücke,
-
sie auf den eigenen Vervielfältigungsvorrichtungen des Nutzers angefertigt wird
und nicht auf technischen Einrichtungen einer anderen Person.
Vervielfältigungen, die im Zusammenhang mit sog. „Peer to Peer“ oder „File
Sharing“ gemacht oder erworben werden, sind keine privaten
Vervielfältigungen,
- die Vervielfältigung weder mittelbar noch
unmittelbar Erwerbszwecken dient.
3. Die Erlaubnis gilt jedoch
nur soweit und solange der Rechteinhaber nicht durch die Anbringung eines
Kopier- bzw. Zugangsschutzes von seinem Exklusivrecht Gebrauch macht, das - auch
private - Kopieren zu verbieten.
Je näher sich der Film am Anfang seiner
Auswertung befindet, desto stärker ist das Interesse des Rechteinhabers, zum
Zwecke einer erfolgreichen Auswertung sein Exklusivrecht durchzusetzen. Dies
wird immer dann der Fall sein, wenn sich der Film in der Kinoauswertung befindet
und wenn daran anschließend bespielte Bildträger - dies gilt in besonderer Weise
für die DVD - verkauft oder verliehen werden. In diesen Fällen muss es dem
Rechteinhaber uneingeschränkt möglich sein, sein Vervielfältigungsrecht durch
Anbringung eines Kopier- bzw. Zugangsschutzes möglichst effektiv zu schützen.
Erst wenn sich der Film am Ende seiner Auswertungskaskade befindet, dürfen die
Schrankenbestimmungen zugunsten des privaten Nutzers
greifen.
4. Der Kopier- bzw. Zugangsschutz ist durch Gesetz
uneingeschränkt zu schützen. Der Gesetzgeber sollte sich eindeutig festlegen,
auch künftig keine Regelungen zu treffen bzw. irgendwelche Maßnahmen zu
ergreifen, die den Nutzern das Kopieren auch gegen den Willen des Rechteinhabers
ermöglichen.
5. Die Filmwirtschaft will sichergestellt wissen, dass dort, wo
wirksame Kopierschutzmöglichkeiten bestehen, die Verletzung des Schutzes
geahndet wird. Sämtliche Geräte, die sowohl legale analoge Kopien als auch
legale digitale Kopien ermöglichen, sind der Vergütungspflicht gemäß § 54 Abs. 1
UrhG zu unterwerfen. Die derzeitigen Vergütungen sind nicht angemessen. Sie sind
seit 1983 unverändert geblieben. Insoweit wird auf den zweiten Bericht der
Bundesregierung verwiesen, der bereits in 2000 eine Erhöhung der Vergütungssätze
anregt. Damit wird ermöglicht, dass dort, wo auf Kopierschutz verzichtet wird,
die legale private Kopie möglich ist und vergütet werden muss. Einen Zwang zur
Anwendung technischer Maßnahmen darf es nicht geben. Gleichzeitig wird
festgehalten, dass legale Kopien im Rahmen der in diesem Papier skizzierten
Grenzen des § 53 UrhG gestattet sind. Dies bedeutet insbesondere, dass Kopier-
bzw. Zugangsschutz nur dann keine Vergütung auslöst, wenn er
-
tatsächlich angewendet wird (die bloße Möglichkeit der Anwendung reicht nicht
aus) und - wirksam ist (die bloße Anwendung irgendeines – unwirksamen –
Schutzes reicht nicht aus).
Die Punkte 2) bis 5) müssen in § 53 UrhG
übernommen werden.
6. Neu einzuführen hat der Gesetzgeber das Recht der öffentlichen
Zugänglichmachung, das Urheber, Filmhersteller, Tonträgerhersteller und
ausübende Künstler vor der unerlaubten Übertragung ihrer
Werke/Produktionen/Darbietungen im Internet - vor allem in bezug auf On-
Demand-Systeme - schützt.
Damit der Produzent auch in bezug auf seine
bereits in der Vergangenheit hergestellten Filme uneingeschränkt und
zweifelsfrei über das neue Verwertungsrecht verfügen kann, muss ihm dieses Recht
über eine Übergangsregelung rückwirkend zugeordnet werden. Im Fall der Nutzung
ist dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen.
7. Die durch die Umsetzung
der EU-Richtlinie erneut erforderliche Novellierung des Urheberrechtsgesetzes
sollte zum Anlass genommen werden, um endlich der berechtigten Forderung der
Filmhersteller nach einer Stärkung ihrer Rechtsposition nachzukommen.
Der
Gesetzgeber muss dem Produzenten - wie international üblich - die ihm vom
Urheber zu übertragenden Nutzungsrechte zweifelsfrei und uneingeschränkt
zuweisen. Die im geltenden Recht bereits verankerte Übertragungsvermutung (§ 89
UrhG) - Übertragungsvermutungen sind widerlegbar - muss in eine gesetzlich
fingierte Abtretung (cessio legis) umgewandelt werden. Die cessio legis muss
dabei - dies ist von entscheidender Bedeutung - nicht nur (wie jetzt die
Übertragungsvermutung) für die traditionellen - bekannten - Nutzungsarten,
sondern auch für die Übertragung der Nutzungsrechte für noch nicht bekannte
Nutzungsarten gelten. Dies ist notwendig, damit der deutsche Film international
wettbewerbsfähig wird und bleibt. Dazu ist erforderlich, die neuen und neu
entstehenden (digitalen) Nutzungsarten für den Produzenten verwertbar zu
machen.
Damit korrespondierend ist das generelle Verbot der Übertragung
von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten (§ 31 Abs. 4 UrhG)
aufzuheben.
verfasst von: Rain Margarete Evers ARBEITSGEMEINSCHAFT
NEUER DEUTSCHER SPIELFILMPRODUZENTEN e.V.
Wiesbaden/Berlin, den 17. April
2002
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