Zurück blicken, nach vorne denken: Mehr Planungssicherheit für die Filmwirtschaft

SPIO veröffentlicht aktuelle marktwirtschaftliche Daten für die Filmwirtschaft im Filmstatistischen Jahrbuch 2016


Berlin/Wiesbaden, 05.10.2016

139,2 Mio. verkaufte Tickets bescherten der Branche im vergangenen Jahr ein Re-kordergebnis von 1.167 Mio. Euro im Box Office und beziffern damit deutlich, wie gefragt der Kinofilm in Deutschland sein kann. Das gilt insbesondere für den deutschen Film, der seinen Marktanteil in 2015 auf 27,5 Prozent steigern konnte. Während jedoch Besucherzahlen und Budgets in den letzten fünf Jahren insgesamt anstiegen, sanken im vergangenen Jahr die Mittel und Maßnahmen der Filmförderung. Das geht aus aktuellen Wirtschaftszahlen hervor, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) jetzt gebündelt im Filmstatistischen Jahrbuch 2015 veröffentlicht hat. Das Buch ist ab sofort im Handel verfügbar.

„Auf das Gesamtergebnis des Kinojahrs 2015 kann die Branche stolz sein.“, sagt Alfred Holighaus, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. „Nach dem verhaltenen diesjährigen Kinosommer, aber vor allem vor dem Hintergrund aktueller bundes- und europapolitischen Entwicklungen sorge ich mich jedoch um die zukünf-tigen Erfolgsmeldungen für die deutsche Filmwirtschaft. Denn diese befindet sich in einer paradoxen Situation: Die Zuschauer wollen deutsche Filme sehen und sind bereit, für sie zu zahlen. Es wird jedoch immer schwieriger, diese Filme herzustellen, weil Finanzierungsgrundlagen und -modelle wegbrechen. Im vergangenen Jahr sanken nicht nur die Filmfördermittel des Bundes, auch die öffentlichen Rundfunkanstalten kürzten Beteiligungen und Sendetermine und wollen zudem unseren Online-Markt mit ihren Mediatheken in ein Kostenlosangebot verwandeln.“ Die deutsche Filmwirtschaft und der Filmstandort Deutschland bräuchten jedoch eine größere Planungs- und Verwertungssicherheit, um auch in Zukunft erfolgreich produzieren zu können.

Die kulturwirtschaftliche Filmförderung von Bund und Ländern betrug 2015 tatsächlich 28,71 Mio. Euro weniger als noch im Vorjahr. Das abnehmende Engagement der TV-Sender spiegelt sich ebenfalls in den Zahlen des Filmstatistischen Jahrbuchs wieder: So sank die Anzahl der Premieren von deutschen Kinofilmen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen beispielweise von 88 in 2014 um 14 Prozent auf 76 in 2015. Nur 18 Prozent der aktuellen deutschen Kinofilme wurden darüber hinaus im Hauptprogramm gezeigt.

Ein weiterer Trend, der ebenfalls grundlegende Förderstrukturen betrifft, zeigt auf: Von insgesamt 236 deutschen Langfilmen wurden im vergangen Jahr 91 deutsche Dokumentarfilme erstaufgeführt. Über die letzten zehn Jahre verzeichnete die Her-stellung von Dokumentarfilmen sogar eine Steigerung um insgesamt 75 Prozent. „Da sich die Sender immer mehr aus der Filmfinanzierung zurückziehen, müssen viele Dokumentarfilme – die eigentlich primär für eine TV-Auswertung taugen – über andere Töpfe finanziert werden. Das geht langfristig zu Lasten der klassischen Kinofilm-produktion und schadet dem guten Image des Dokumentarfilms“, so Holighaus. Auch deshalb bedürfe es klarer Kriterien für den Einsatz der erfreulichen neuen Fördermittel im Bereich der kulturell orientierten Filmförderung, sowie einer deutlichen Stärkung der automatischen Förderinstrumente.

Der Videomarkt zieht für 2015 eine besonders positive Bilanz und konnte seinen Gesamtumsatz um acht Prozent auf 1,8 Mrd. Euro steigern. Der Verkauf von physischen Bildträgern – der in Deutschland nach wie vor überdurchschnittlich hoch liegt – stellte trotz leichter Verluste (minus zwei Prozent) mit 1,3 Mrd. Euro den Löwenanteil dieser Einkünfte. Im Verleihbereich konnten zum Teil außergewöhnlich hohe Zuwächse durch TVoD (plus 13 Prozent) und SVoD (plus 338 Prozent) erzielt werden, wobei perspektivisch noch verstärkt auf die digitalen Verwertungsmodelle gesetzt wird. „Die Politik darf auf europäischer Ebene diese positiven Entwicklungen durch ein Verbot von territorialen Lizenzen jetzt nicht torpedieren, damit die gesamte europäische Filmwirtschaft auch in Zukunft kulturell wertvolle und international wettbewerbsfähige Filme digital auswerten und somit refinanzieren kann“, so Holighaus.

Mehr Kennzahlen liefert das Filmstatistische Jahrbuch 2016. Es ist im Oktober 2016 in der Schriftenreihe „Medienrecht - Medienproduktion - Medienökonomie“ im Nomos Verlag, Baden-Baden, erschienen. Das 100-seitige Buch kostet 24 Euro und ist im Buchhandel erhältlich.

Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO) vertritt die Interessen der deutschen Film und Videowirtschaft in den Sparten Filmproduktion, Filmverleih, Filmtheater und Audiovisuelle Medien. Als Dachverband von 18 Berufsverbänden repräsentiert sie mehr als 1.100 Mitgliedsfirmen. Ziel der SPIO ist es, den deutschen Film in seiner Vielfalt, Qualität und internationalen Wahrnehmung zu stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschafts- und Kulturgut zu sichern.

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Ausgewählte Zahlen und Trends für 2015 im Überblick:

Filmproduktion
  • 145 deutsche Spielfilme und 91 deutsche Dokumentarfilme wurden im Kino erstaufgeführt.
  • Produktionskosten: Durchschnittlich kostete ein Spielfilm 6,1 Mio. Euro. Aus-schließlich deutsch finanzierte Filme kosteten im Durchschnitt 2,3 Mio. Euro, internationalen Koproduktionen 11,3 Mio. Euro.
  • Koproduktionen: 48 % der deutschen Spielfilm-Erstaufführungen waren deutsch-ausländische Koproduktionen. Die beliebtesten Koproduktionsländer der letzten zehn Jahre waren Frankreich, Österreich, Großbritannien und die Schweiz.
Filmverleih
  • Marktanteile (Spielfilme nach Herstellungsländern): 33 % US-Produktionen, 30 % deutsche Filme, 8 % französische Filme
  • Marktanteile (nach Filmbesuch): 54,5 % US-Produktionen (2014: 60%), 27,5 % deutsche Filme (2014: 26,7%), 11,1 % UK-Produktionen (2014: 4,3 %)
Kino
  • Boxoffice: 1,167 Mrd. Euro Einnahmen und 139,2 Mio. verkaufte Tickets (plus 14,4 %).
  • Die Anzahl der Kinos stieg um 18 auf insgesamt 1.648, mit insgesamt 4.692 Leinwänden (55 mehr als im Vorjahr).
  • 100 % der Leinwände waren digital ausgestattet, 46 % waren 3D-fähig.
Filmförderung
  • Die kulturwirtschaftliche Filmförderung von Bund und Länder ist 2015 zurück-gegangen und betrug insgesamt 310,91 Mio. Euro (2014: 339,62 Mio. Euro).
Videomarkt
  • Umsatz: Steigerung des Gesamtumsatzes um 8 % auf insgesamt 1,84 Mrd. Euro.
  • Der Verkauf von Bildträgern verzeichnete leichte Verluste (minus 2 % gegenüber 2014), stellte dennoch den Großteil des Gesamtumsatzes mit 1,35 Mrd. Euro. Beim EST gab es eine Steigerung um 51 %.
  • Der Verleihbereich verzeichnete im fünften Jahr in Folge eine Umsatzsteigerung, vor allem durch hohen Zuwachs im Bereich TVoD (um 13 % auf 94 Mio. Euro) und SVoD (um 338 % auf 228 Mio. Euro).
EST= Electronic sell through (Kauf der Datei mit unbegrenzter Nutzungsdauer
TVoD = Transactional Video on Demand (Einzeltransaktionen mit begrenzter Nutzungsdauer)
SVoD = Subscriptional Video on Demand (Abonnement/Flatrate)

Fernsehen
  • Kinofilm-Premieren: Gegenüber 2006 ist die Anzahl der Kinofilm-Premieren in 2015 um 37 % zurückgegangen. Premieren von deutschen Kino-Filmen im öf-fentlich-rechtlichen TV sanken von 88 in 2014 um 14 % auf 76 in 2015.
  • Sendeplätze: 48 % der aktuellen deutschen Kinofilme werden in den Programmen Das Erste und ZDF im Nachtprogramm (ab 00:00 bis 06:00 Uhr) gezeigt, 32 % im Spätprogramm (ab 22:00 bis 24:00 Uhr) und 18 % im Hauptprogramm (20:00 bis 22:00 Uhr).
Kinowerbung
  • Ausgaben: Die Aufwendungen für Schaltung kommerzieller Werbung im Kino sind um 18 % auf insgesamt 95,1 Mio. Euro gestiegen.
Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK)
  • FSK-Prüfung: 10.580 Filmobjekte wurden gekennzeichnet, darunter Kino- und TV-Filme, Serien und Werbefilme (insgesamt 701.276 Prüfminuten).


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